Samstag, 27. Oktober 2012

Letzten Tage in der Mongolei

Jetzt wird es langsam ernst. Am 25.09.12 verlassen wir UB Richtung Süden. Gute 600 km trennen uns von China. Davon sind 2/3 Piste und der Rest Teerstraße, juchu.

Wir freuen uns auf China aber etwas traurig sind wir auch. Wir hätten gern noch 1 Monat die Mongolei erkundet. Das Land ist sehr schön und macht richtig Spaß. Wir glauben, dass es wohl kaum ein Zweites Land auf der Welt gibt, wo man so frei, so viel Landschaft und so wenige Menschen erleben und genießen kann.

Mongolischer Rocker Club ;-).

Unser letzter Ovoo

Und in dieser Richttung liegt China

In einem großen Supermarkt füllen wir noch einmal alle unsere Vorräte mit Butter, Müsli, Wurst, Joghurt und Bier auf, da wir gehört haben, dass es in China eher schwierig werden soll, diese kostbaren Lebensmittel zu bekommen. Die ersten 100 km sind tatsächlich Teer, aber dann geht es schnell in die gewohnte Piste über. Wir suchen wieder unseren Weg in den vielen Spuren. Der Untergrund ist sehr sandig und lehmig. Es hat in den letzten Tagen stark geregnet und deshalb stehen wir immer wieder vor großen Pfützen – eher kleine Seen. Durch manche fahren wir ganz langsam mit 4x4 durch und andere große Stellen umfahren wir. Zur Orientierung haben wir rechts von uns die Gleise die nach China führen.

Wir fahren immer öfter weit ab der Hauptpiste, da diese sehr schlammig ist und tiefe Fahrrillen hat. Diese entstehen durch die vielen schwerbeladenen LKWs. Wir erfahren, dass nicht weit entfernt eine der größten Kohlevorkommen der Mongolei ist und eben diese LKWs die Kohle transportieren.

Grader hat Piste begradigt. Super zum Düsen für uns.

LKWs aus China bringen Maschinen Deshalb wurde die Piste wohl etwas begradigt

Boot von China in die Mongolei. Wer braucht das in der MGL?

Wassrstelle in der Wüste

Wir genießen die einsame Steppe und die schönen Sonnenuntergänge, gleichzeitig betrachten wir kritisch die dicken grauen Wolken am Himmel. Wir werden doch nicht noch kurz vor dem Schluss noch ein Schlammbad nehmen müssen? Die Temperaturen am Tage sind bei ca. 15°C und bei Nacht sogar knapp über 0°C. Der Winter kommt, und wir sind froh, dass wir gen Süden fahren.

Auf halber Strecke treffen wir Dorin und Hanu mit Töchterchen Lesley im gelben Truck aus der Schweiz. Wir werden zusammen durch China reisen. Kurz vor der Grenze treffen wir dann den Rest unserer Gruppe.

Erster Treff unserer Gruppe in der Steppe

Wir haben Glück, der starke Wind treibt die Wolken über uns hinweg, nur wenige Tropfen regnen auf uns herunter. Am meisten regnet es weiter östlich.

Ganz nervös und gespannt fahren wir alle Zusammen an die mongolische Grenze.

Grenze MGL CN. LKWs warten auf Abfertigung. Wir dürfen daran vorbei.

Letzter Traumsonnenuntergang. Servus schöne Mongolei

Hummer City – Ulaan Bator


Schnell und entspannt fahren wir die letzten 100 km nach Ulaan Bator, jedoch erwartet uns hier ein Verkehrschaos. In der Hauptstadt UB wohnen über 1 Mio. Menschen. Wenn man bedenkt dass die Mongolei nur 2,2 Mio. Einwohner hat, kann man sich vorstellen wie es hier nur so wuselt. Aber nicht nur Menschen, sondern natürlich auch die PKWs türmen sich hier.

Es scheint einen Wettbewerb zu geben, wer den größeren Jeep oder SUV fährt. Klare Favoriten sind natürlich die Hummer. Wir haben das Gefühl, dass UB die größte Hummerdichte in der Welt hat. Wir haben, zu Jonas Freude, noch nie so viele Hummer oder protzige Jeeps gesehen.

Komischerweise ist der Belag der Hauptverkehrsader, die Peace Avenue, miserabel schlecht, voller Schlaglöcher und Hindernisse. Im Prinzip herrscht hier den ganzen Tag Stau auf 4 Suren, die Abgase kann man sich vorstellen!

Wir bahnen uns den Weg, einmal komplett von West nach Ost, zum Oasis Guesthouse. Sybille aus Deutschland und ihr Freund aus Österreich haben vor vielen Jahren hier das Guesthouse gegründet und eine echte Oase daraus gemacht. Nicht nur für Rucksack – oder motorisierte Reisende, sondern auch für die Bevölkerung.

Jonas und die liebe Sybille

Im schönen Garten campieren wir für ein paar Tage und genießen Sybilles Koch- und Backkunst. Als erstes gönnen wir uns… Schnitzel mit Pommes. Wow, wussten gar nicht, dass man sich so darauf freuen kann ;-) Sybille ist wirklich ein Goldschatz und ein Arbeitstier und vor allem dabei immer super freundlich und strahlt.

Liebe Sybille danke für die schönen Tage in deinem Guesthouse, wir haben uns wirklich sehr wohl gefühlt. Dir alles Gute für die Zukunft.

Mit mongolische Freunde von Sybille helfen uns zwei neue Reifen zu finden. Es ist nicht leicht unsere General Grabber AT2 in der richtigen Größe auf zu treiben. Aber es gelingt uns, natürlich auch zum entsprechenden Preis.

Wir besichtigen die Stadt, schauen uns Tempel und Klöster an und genießen es mit anderen Reisenden zu reden. Immer wieder kommen wir zur Erkenntnis, dass wir nicht ausgeflippt sind. Ihr müsstet erst mal andere Geschichten und Projekte sehen oder hören

Buddh Kloster - Jonas auf riesen Fuss

auf dem Stadtplatz

Jonas vor Dschingis Khan Denkmal

Jonas beim Friseur

Jonas ist glücklich, er spielt auf dem grünen Rasen, hilft Sybille beim Putzen und Reinigen der Jurten, diskutiert Reparaturprobleme mit anderen Reisenden und spielt mit allen.

Einen Nachmittag schauen wir uns den „Black market“ an. Hier werden keine illegalen Waren verkauft, zu minderst jetzt nicht mehr, sondern alles was man sich nur vorstellen kann. Auf dem riesigen Gelände am Stadtrand kann man von Steigeisen, Sattel, Seile, Plastikfässer, Kleidung, CDs, Elektronikartikel, Autoteile bis zu ganze Jurten alles erstehen. Natürlich können wir wieder mal nicht widerstehen und kaufen Jonas warme Winterstiefel, so wie es die Mongolen haben. Jetzt ist Jonas fast ein echter Mongole! Petra lässt sich von älteren Herren überzeugen, dass es hier ganz tollen Schnupftabak gibt. Sie kostet `ne „Bries“ und ist dann fast eine Stunde nicht mehr zu gebrauchen.

Alte Männer tauschen sich über Schnupftabak und schöne Steinfläschchen aus.

Petra gönnt sich ne "Bries" Schnupftabak.

Sie meint, dass da auch noch andere „wohltuende“ Stoffe drin gewesen sein müssen, denn sie fliegt förmlich über den Markt. Die Verkäuferinnen haben ihren Spaß.

Jonas spielt mit Freunden

Oktoberfestanstich mit Freunden

Hier treffen wir andere Teilnehmer aus unserer Gruppe. Julian aus Frankreich mit einem Motorrad, Sam & Dave aus der Schweiz mit einem Landy. Die anderen werden wir kurz vor der Chinesischen Grenze kennen lernen.

Dschin Dschin Dschingis Khan


Dschin Dschin Dschingis Khan
… hatte mit seinen tollkühnen Reitern einst vor ca. 800 Jahren in der halben Welt Furcht und Schrecken verbreitet.

Von seiner Hauptstatt Karakorum in der Zentralmongolei aus hatte Dschingis Khan in nur wenigen Jahren große Teile Asiens und Europas eingenommen. Vor allem durch die schnellen wendigen Reiter, die im vollen Galopp noch die Pfeile zielsicher abschießen konnten, waren ein Garant für den Erfolg. Das Problem der Logistik über die weiten Strecken lösten die Mongolen ganz clever. Für die Ernährung wurde das Fleisch getrocknet und gemahlen. Zusammen mit geriebenem Getreide war die „Instand“ Suppe geboren. Übernachtet wurde natürlich in Jurten die schnell auf- und abgebaut waren.

Durch die kleinen aber robusten mongolischen Pferde konnten die Reiter weite Strecken durch kalte und heiße Gegenden zurücklegen. Diese sogenannten Takhi Pferde sind in der Mongolei fast ausgestorben.

Hustain National Park:
Im Hustain Nationalpark, ca. 100 km westlich von Ulaan Bator, leben die letzten Wildpferde der Mongolei. Wir machen einen kleinen Abstecher in den Nationalpark und hoffen ein paar dieser seltenen Tiere zu sehen. Der Weg dorthin ist natürlich wieder eine Piste, die jetzt sandiger und lehmiger ist. Die Landschaft hat sich seit Tsetserleg stark verändert. Mehr Steppe, Sandgürtel und sogar richtige Sanddünen. Die Schaf- du Ziegenherden sind hier viel größer als im wilden Altai.




Na, wo sind die Pferdchen?

ahhh, da sind die Takhi Pferde

Jonas hätte gerne so eine Mini-Jurte

Wir dürfen neben dem Informationszentrum des Nationalparks kostenlos campieren. Als kleines Dankeschön möchten wir im kleinen Lokal Abendessen. Es sitzen auch Bleichgesichter im Raum, die uns verdutzt ansehen. Die Kellnerin fragt uns nach unserem Guide. Wir haben keinen. Sie fragt uns ob wir uns vorher im NP angemeldet haben. Nein haben wir nicht. Ja, dann gibt es auch nichts zu essen, den die Mahlzeiten sind genau abgezählt. Die Managerin des NP lädt uns in ihr Büro ein, erzählt etwas über den Park und die Tiere. Da fast nie Individualreisende vorbei kommen, sondern nur gebuchte Touren meist aus Ulaan Bator, sind sie mit der Küche nicht auf zusätzliche Gäste eingestellt. Sie meint, dass wir mit Allrad allein und ohne Guide in den Park fahren dürfen. Am besten sieht man die Pferde bei Sonnenaufgang oder so gegen 6 Uhr morgens wenn die Tiere zum Trinken runter zum Fluss kommen. Wir schauen uns nur grinsend an.

Natürlich schaffen wir es nicht um 6 Uhr, dafür um 10 Uhr. Die Piste ist gut machbar, auch wenn es manchmal ganz schön wackelt. Ein Guide gibt uns noch einen Tipp in welchem Seitental wir evtl. Pferde sehen können. Und tatsächlich zwei kleine Gruppen mit je 4 Tieren grasen an einem Hang. Glück braucht der müde Reisende ;-)

Karakorum…
war einst die Hauptstadt der Mongolen. Das zum Teil erhaltene Kloster Erdene Zuu bildete damals das Zentrum der Stadt. Heute kann man einige Gebäude, Klöster und ein Museum innerhalb der beeindruckenden Stadtmauern sehen. Diese schönen Klosteranlagen wurden ausnahmsweise von der russischen Kulturrevolution verschont, weil die schlauen Mönche noch rechtzeitig erklärt haben, dass dies zu einem Museum umfunktioniert wird und praktische kein Kloster mehr ist. Das tibetische Kloster hat in der Mongolei einen sehr hohen Stellenwert. Es werden regelmäßig jeden Tag Zeremonien abgehalten. Junge Mönche spielen auf Schalmein oder rufen mit großen Trommeln zum Gebet. Auch hier beobachten wir wie in Tsetserleg, dass Mongolen ihre Wünsche und Sorgen auf Zettel schreiben und dem Abt geben. Außerhalb der Stadtmauern kann man eine überdimensionale Steinschildkröte anschauen, oder wie Jonas an ihr hoch klettern. Die Schildkröte war einst das Wahrzeichen der Stadt und von Dschingis Khan.

Karakorum Kloster

Karakorum alte Stadtmauer

auf Dschingis seiner Schildi

Mönch vor Stupa

Buddhist Mönche auf dem Weg zum Morgengebet.

im Kloster

im Kloster

Jonas dreht riesen Gebetsmühle

buddh Novicen rufen zum Morgengebet


wie in alten Zeiten

Karakorum wird natürlich auch von anderen Touristen besucht. Diese kommen zu unserem Auto und können es oft gar nicht glauben, dass wir soweit selbst gefahren sind. Wir übernachten direkt neben der Stadtmauer, genießen den herrlichen Sonnenuntergang. In der Nacht glauben wir sogar Dschingis Khan und seine Reiter gehört zu haben.


 mongolischer Junge bekommt erst mit 5 die Haare geschnitten

in einem Dorf kaufen wir Wasser


unser Stellplatz

und überall Greifvögel

Tsetserleg - Jonas Segen


Jetzt wollen wir uns erst einmal erholen, genießen das feine Essen und den leckeren Kaffee im Fairfield Restaurant in Tsetserleg (20.000 Einwohner – 1.700m). Der übersichtliche Ort ist von kleineren Bergen und Hügeln umgeben und nach russischem Vorbild schachbrettartig strukturiert. In den Wohnvierteln um den Ortskern verstecken sich Jurten hinter hohen Holzzäunen. Die Mongolen ziehen meist noch die Jurten den kühlen und unpersönlichen Stahlbetonklötzen vor.




Im Ort gibt es einige buddhistische Klöster, die wir natürlich besuchen. Manche sind modern und scheinen relativ neu erbaut worden zu sein, andere hingegen sind in großen Jurten untergebracht.




Die Mönche erlauben uns ins kleine Kloster Buyandelgerüülekh Khiid einzutreten, am Rand auf kleinen Holzbänken zu sitzen und bei den Zeremonien zu zusehen. Das Licht ist meist sehr düster, es brennen kleine und große Butterlampen und wie in buddhistischen Klöstern üblich, sind in der Mitte Bänke gegenüber aufgestellt, wo sich die Mönche gegenüber sitzen und Gebete rezitieren. Am Kopfende ist meist ein geschmückter und größerer Sitz, wo der Abt des Klosters sitzen darf. Vor den kleinen Bänken sind schmale Tische, wo die Gebetsblätter abgelegt werden. Zwischen durch geht ein junger Novize mit einer großen Teekanne durch die Reihen und schenkt den betenden Mönchen Buttertee ein. Nicht jeder Mönch ist konzentriert bei der Sache, ratscht mit seinem Nebenmann oder betrachtet uns.

Gleich beim Eingang sitz ein Mönch an einem kleinen Tischlein, hat viele kleine Zettelchen vor sich verstreut und ein Buch. Die Besucher gehen zu ihm, sagen ihm was sie für Sorgen oder Wünsche haben. Der Mönch schreibt dann etwas auf die Zettel, die er an die betenden Mönche weiter gibt. Der Abt sucht das passende Gebet aus und alle Mönche beten dann für den Bittsteller, der sich vor den Abt setzen darf. Natürlich hinterlässt der Gast auch eine kleine Spende.



Als die Jurte leer ist, ruft der Abt plötzlich Jonas zu sich nach vorne. Jonas geht artig vor uns setzt sich vor ihn hin. Der Abt schaut erst unsicher, fragt Jonas nach seinem Namen und lacht ihn dann an. Der Abt legt seine Hand auf Jonas und fängt an für ihn eine kleine Puja (Gebetszeremonie) abzuhalten. Er betet, legt immer wieder seine Hand auf Jonas Kopf und streut irgendwelche Kräuter in die Luft. Jonas macht große Augen und bleibt ganz ruhig (alleine) vor ihm sitzen.





Mit strahlenden Augen kommt Jonas zurück zu uns. Es ist so eine tolle Stimmung in diesem Kloster und für Jonas eine besonders schöne bleibende Erinnerung.

Die Hauptstraße ist geteert und das soll bis Ulaan Bator so bleiben. Wir können unser Glück gar nicht fassen.


Dienstag, 9. Oktober 2012

Fast eine Dummheit!


Die Fahrt von der Westgrenze bis fast in die Zentralmongolei war abenteuerlich, aufregend, anstrengend aber auch sehr spaßig.
Wir möchten uns die Klöster im Ort Tsetserleg ansehen, welcher ziemlich genau nördlich von uns liegen.
Wir schauen uns die Karte genau an und sehen einen schmalen gelben Strich nach Norden. Das bedeutet, wir hätten folgende Optionen:
  1. Entweder fahren wir weiter Richtung Osten und kommen dann langsam auf die Hauptroute nach Ulaan Bator und machen eine große Schleife zurück Richtung Westen um dann auf guten Straßen nach Tsetserleg zu kommen
  2. oder wir fahren ganz einfach in Bayankongor kerzengerade nach Norden, 180 km durch die Berge.

Zeitersparnis = ca. 1 Tag, Spaßfaktor durch die Berge sicher höher als dann auf den ausgetretenen Hauptrouten und Teer zu fahren. Vor allem die Zeitersparnis bringt uns auf die „glorreiche“ Idee, die Piste gen Norden aus zu probieren.

Bayankongor ist eine etwas größer Stadt mit Tankstellen, Banken und einer kurzen Teerstraße die mehr Löcher als Teer hat. Wir sind total überrascht, als wir in diesem staubigen Ort einen richtig großen Supermarkt mit sogar deutschen Lebensmitteln / Produkten von gut & günstig finden. Perfekt, so können wir unsere Vorräte wieder richtig auffüllen.

Es ist inzwischen fast dunkel, keiner kann uns den Weg Richtung Norden, also Tsetserleg nennen. Ja so etwas gibt es! Es gibt eine einzige Straße aus der Stadt gen Norden und diese verwandelt sich noch im Ort in eine schmale Piste und endet dann entweder vor einem Bach oder Berge. Wir übernachten am Bach und wollen bei Tag noch einmal unser Glück versuchen.
Am Morgen fahren wir wieder öfters die geteerte Hauptstraße auf und ab, fragen verschiedene Menschen nach dem Weg, diese schauen uns jedoch nur mit großen Augen an. Ein nagelneuer großer Nissan Jeep hält und fragt in schlechtem Englisch ob er helfen kann. Auch ihn fragen wir nach dem Weg und er bittet uns zu folgen. Er fährt die bereits erwähnte schmale Piste hoch, biegt dann rechts ab und quert zweimal einen tiefen Fluss. Auf der anderen Seite ist nur Geröll und ein Weg ist nicht wirklich erkennbar. Auf einem Stückpapier erklärt er uns, wie wir durch die Berge im Norden kommen könnten. Eigentlich hätte das bereits eine Warnung sein sollen, aber voller Übermut und Reiseblindheit bedanken wir uns artig und suchen uns einen Weg durch das Geröll.

Wir fahren immer dem Fluss entlang der uns in ein breites Tal führt. Wir können es fast nicht glauben, vor uns liegt ein riesen großes Flussbett, mit Geröll und unzähligen Nebenarmen dieses Flusses. Wir versuchen am Rand des Tales zu fahren, damit wir nicht so oft durch das Wasser fahren müssen. Immer wieder passiert es, dass wir nicht weiter kommen und ein Stück zurückfahren müssen, um dann den Fluss abermals zu queren.

Erster Blick in das Tal

Schließlich müssen wir über einen kleinen Berg fahren und kommen langsam vom Flussbett weg hinauf auf eine Hochebene. Wir erreichen nach ca. 25 km und fast 2 Stunden Fahrt den Ort Erdensogt. Wir sehen ein altes buddhistisches Kloster. Der ideale Ort für ne dringend erforderliche Pause. Die Mönche sind sehr freundlich, laden uns zu ihrer Puja ein und zeigen uns danach ihr Kloster. Als sie unser Auto sehen, strahlen sie um die Wette und alle wollen natürlich hinein, untendrunter und überhaupt … schauen. Wir haben viel Spaß mit ihnen und müssen viel lachen. Wir erzählen ihnen unseren Plan nach Tsetserleg zu fahren. Der Abt kennt den Ort und sagt uns, dass wir nicht die normale Route entlang des Flusses fahren sollen, da wir dort 10x den Fluss queren müssen und das Wasser durch die viele Regenfälle hüfthoch steht. Lieber den Umweg über die Berge nehmen und dafür nur 5x tiefere Flussquerungen erleiden. Das ist natürlich ein sehr wertvoller Tip!

 Erdensogt Kloster

Erdensogt Stupas

Erdensogt Puja

Erdensogt - Die Mönche prüfen unser Auto

Erdensogt - Mönche

Wir fahren los und auf dem mini Marktplatz von Erdensogt treffen wir Jeep Fahrer mit alten UAZ, also Taxis für die Berge. Wir fragen sie nach dem Zustand der Piste. Sie bestätigen uns die Furten, jedoch meinen sie, dass die Wasserhöhe nicht schlimm ist. Dann kommt plötzlich eine Diskussion unter den Fahrern auf und sie machen eine Strichliste auf unserer verstaubten Fahrertür. Ich zähle 15 Striche, jeder Strich für eine Furt. Alle beteuern uns, dass es mit unserem Gefährt locker geht, bis auf einen, der das gleiche wie der Abt empfiehlt.
Diese längere Strecke wählen wir auch. Wir fahren extrem steile und schmale Pisten hinauf, kommen in tolle Täler und treffen keine Menschenseele.

Erdensogt - Umweg über die Berge

Tatsächlich sind es 5 Furten, die für uns ganz gut machbar sind, bis wir wieder auf der Hauptgeröllstrecke kommen. Aber jetzt beginnt erst der Wahnsinn!!!

Meist sind die Brücken zerstört

...dann muss man durch den Fluß

Petra prüft den Fluß

Wir fahren ständig durch Bäche und Flüsse, mit zum Teil Wasser bis zur Tür Mitte, suchen uns einen Weg durch das tiefe Geröll. Fahren fast nur noch mit 4x4 im ersten Gang. Einer von uns beiden geht immer durch die eiskalten Flüsse und schaut wie der Untergrund ist und wo wir am besten queren können. Vor allem die Böschungen haben es meist in sich. Mehrmals haben wir im Fluss das Gefühl, dass die Räder keine richtige Haftung mehr haben und ich gebe mächtig Gas damit wir mit Speed durch kommen. Ich weiß natürlich, dass man das nicht zu heftig tun darf, denn durch das Tempo baut sich eine hohe Welle vor dem Kühler auf, was den Motor gefährden kann. Einmal wären wir fast in einem sehr breiten Geröllfeld stecken geblieben. Die großen abgeschliffenen Steine haben unter unserer Last so extrem nachgegeben, dass unser Unterboden immer wieder aufgesessen ist. Nur mit kleinster Untersetzung im 4x4 und viel Power konnten wir uns durch arbeiten. Ungefähr 15 Flussquerung stehen pro Tag auf dem Programm.

Das schlimme Geröllfeld 

Das schlimme Geröllfeld

Mustafa prüft das Geröllfeld

Eine von vielen Flussquerungen in den Bergen


Die Umstände und Pisten werden immer schlechter, der Boden matschiger, schmaler und steiler. Schmale Geröllpfade führen entlang des Berghanges und wir klettern langsam auf den Pass mit 2.800 m. Die Schneefallgrenze liegt bereits bei 2.600 m, links und rechts neben uns sind die Berge angezuckert. In Sichtweite schneebedeckte 4000er. Oben auf dem Pass wartet ein Ovoo auf uns. Wir umkreisen ihn nicht nur dreimal, wie üblich, sondern mindestens zehnmal, um so für Glück und Gesundheit zu bitten. Wir fahren schon den ganzen Tag ohne Pause und haben noch nicht einmal die Hälfte, sprich 90 km geschafft. Zum Ovoo kommt eine ältere Dame und ihr Sohn auf einem Moped um ein Abendgebet zu sprechen. Es sind Nomaden die irgendwo hier in den Bergen ihr Gerlager haben. Wir können uns kaum verständigen, aber eins verstehen wir. Es soll wieder schneien. Denn Mongolisch und auch auf Türkisch heißt Schnee = Kar. Wir haben eh schon weiche Knie, aber jetzt geht uns langsam die Düse.
Wir wollen noch ein kleines Stückchen fahren bevor die Dunkelheit uns stoppt. Die Abfahrt vom Berg ist sehr schwierig. Eine ganz schmale ausgewaschene Steinpiste führt entlang eines Baches.

Pass 2.800m - Ovoo

Plötzlich piepst unser Reifendrucksensor und ich sehe im Rückspiegel wie es aus dem linken Hinterreifen heraus bläst. Ein scharfkantiger Brocken hat den Reifen der Länge nach aufgeschnitten. Es ist für uns eh ein Wunder, dass nicht schon viel früher ein Reifen kaputt gegangen ist. Gleich kommen die Dame und ihr Sohn den Berg herunter um uns zu helfen. Auf der schiefen Ebene ist es nicht ganz einfach, jedoch bekommen wir den Wechsel ganz gut hin. Inzwischen ist es auch schon fast dunkel geworden. Wir fahren noch ein kleines Stück weiter und übernachten auf 2.650 m. Jetzt haben wir richtig Angst. Ganz ehrlich, ich hatte in meinem Leben noch nicht oft solche Angst und Sorgen wie jetzt. Zum einen Sorgen wir uns wegen dem Wetter. Der Himmel ist jetzt stark bewölkt, ein Sturm bläst durch die Berge. Wenn es schneit oder regnet sind die Flüsse ziemlich sicher unpassierbar und die Naturpisten nur noch Sumpf und Matsch. Wir sind dann hier oben gefangen. Zum anderen haben wir keinen Ersatzreifen mehr. Den zweiten Reifen haben wir ja in Usbekistan geschrottet. Wir wollten uns einen neuen in Ullan Bator besorgen. Wenn wir jetzt noch einen Platten haben sollten, stecken wir auch fest.

Platten - Reifenwechsel auf 2.700m

Nomadin kommt zur Hilfe

Das schlechte Gefühl verstärkt sich dadurch noch, weil wir hier oben, bis auf die zwei Mopedfahrer keinen Menschen und schon gar kein Fahrzeug gesehen haben. Wir könnten nur sehr schwer Hilfe holen.

In der Nacht kühlt es auf -5°C ab, ein Sturm fegt über das Auto und rüttelt mächtig. Ich mache kein Auge zu, prüfe immer wieder den Himmel. Der einzige Schnarcher ist Jonas, der alles als tolles Abenteuer empfindet und ständig fragt, wann wir den wieder einmal eine Reifenpanne haben. Ihr könnt euch vorstellen, dass ich dieses „böse Wort“ in diesem Augenblick nicht wirklich gerne höre!

Mit den ersten Sonnenstrahlen fahren wir weiter, die Pfützen und kleinere Seen sind gefroren. Es geht so weiter wie am Vortag. Aber wir haben einen Entschluss gefasst, wie wir das Risiko wenigstens etwas verkleinern. Wenn wir irgendwo einen Jeep sehen, bitten wir ihn, natürlich gegen Bezahlung, bis zum ersten Ort, ca. 35km vor Tsetserleg zu fahren und uns die „ideal Route“ zu zeigen. Und zum anderen hätten wir so jemanden der Hilfe holen könnte, falls etwas mit dem Auto passiert. Nicht viel weiter sehen wir dann 4 Gers mit vielen Ziegen und Yaks und einem alten russischen UAZ Jeep. Wir fahren zu diesem Lager und fragen den jungen Mann ob er das machen würde. Nach einer Weile smal Talk, eher smal Gestikulirung, sagt er zu. Er und sein Vater beladen den alten Jeep mit frischen Schaffellen, zum Teil noch blutig, mit Käse und Milch. Obendrauf kommt das Ersatzrad, ohne Luft dafür mit einem großen Loch. Den Reifen will er im Ort reparieren lassen. Schön, dann sind wir ja schon zu zweit ohne Ersatzrad. Der Sohn kurbelt vorne den Motor an und es geht los. Wir machen ihm klar, dass er bitte langsam fahren soll, damit wir sehen wo der Weg ist und wie tief die Flüsse sind. Er nickt und braust los wie ein Rennfahrer. Es ist 10 Uhr und wir haben 70 km durch die Berge vor uns.

Nomaden - Jonas hilft Butter machen

Nomaden: Solar und TV dürfen nicht fehlen

Nomaden - UAZ wird beladen

Nach einer unangenehmen Flussquerung dreht er plötzlich um. Zu erst denken wir, dass er keine Lust mehr hat, aber irgendwann kapieren wir dass er kein Benzin mehr hat, und er zu dem weißen Punkt da hinten (natürlich ein Ger) fahren will um nach Benzin zu fragen. Toll! Wir fahren weiter und er holt uns bald wieder ein. Auf einmal bleibt er wieder stehen. Zeigt hoch hinauf auf einen Berghang und läuft mit seinem Sohn hinauf. Nach 30 min kommen sie mit einem Tier zurück, werfen es hinten in den Jeep und brausen weiter. Nach mehreren Stunden und unzähligen Flussquerungen hat er es endlich verstanden. Langsam fahren oder zumindest bei Flüssen warten. Juchu!

Wildromantisch: Berge, Flüsse, Pferde

Wildromantisch

Das Tal öffnet sich, immer öfter sehen wir an den Hängen Gers. Unser neuer Freund steuert ein Ger an. Er hält, holt ein paar Felle heraus und tauscht sie gegen Nudeln, Käse und Geld ein. Kommentarlos geht’s weiter.

Nomadenkinder

Plötzlich fährt er von der Piste, die es inzwischen gibt ab, und quält sich mit uns durch einen Sumpf. Er hält macht die Motorhaube auf und raucht erst einmal. Wir fragen was los ist. Er erklärt uns, dass er das nur vorsorglich macht, denn er will eine Abkürzung den Steilen matschigen Hang hinauf fahren. Geradeaus müssten wir den Fluss queren der sehr viel Uuz = Wasser (dieses Wort werde ich wohl nie vergessen) hat. Hmmm wir sehen Jeeps die Piste entlang fahren und bestehen darauf auch wie die Jeeps zu fahren. Sie geben dann nach und fahren mit uns einen sehr steilen Pass hinauf. Er schafft es fast nicht, verschaltet sich und rollt plötzlich uns entgegen… und an uns vorbei hinunter. Er wollte den megasteilen Hang hinauf fahren, sehr witzig. Gegen Abend erreichen wir glücklich und total kaputt den kleinen Ort. Hier trennen sich unsere Wege. Er geht seinen Geschäften nach und wir suchen den Weg nach Tsetserleg.

Ende der schlimme Piste, treffen wieder Nomaden

Die Piste ist immer noch sehr anspruchsvoll, aber kein Vergleich zu den Bergen. In Tsetserleg gibt es das Fairfield Cafe & Guesthouse, was von Engländern geführt wurde. Es ist ein Backpacker Treffpunkt und für uns Zivilisation und Rettung zu gleich. Wir dürfen die Duschen benützen, bekommen lecker Essen und Kaffee. Und das aller Beste. Ein deutscher Backpacker erzählt uns, dass inzwischen die komplette Straße bis nach Ulaan Bator geteert ist.

Yes, wir haben es geschafft! Aber die letzten drei Tage haben uns fast die letzten Kräfte gekostet und unser Auto zerlegt. Wie dumm waren wir, einem Flussbett zu folgen!

Über diese Berge und durch das Tal war die Abkürzung...